Tierische Geschichten

Wenn Sie lustiges und interessantes über ihre gefiederten Freunde zu erzählen haben, dann können Sie das auf dieser Seite tun.

Schicken Sie uns ihren Text mit oder ohne Fotos zu und wir veröffentlichen diesen auf unserer Website. Wir freuen uns über jede Geschichte.

Zur Zeit haben wir folgende Geschichten:

Poppa und Sidi

Die Krummschnäbel von Jolanda und Helmut Neiger-Bay:
Geflügelter Smaragd – Smarty, die Blaustirn-Rotbug-Amazone
Sunny, die Gelbstirn-Amazone
Sancho, der Macho
Ein Sonnenstrahl namens Kyo

Sunny’s letzter Sommer

 

Doch zuerst das Video mit den Geplauder von Rico!

Sicher muss man auch etwas Fantasie haben um Rico zu verstehen!
Hier ein kleiner Versuch einer Übersetzung:

Ein Auszug des Geplauders von Rico gibt es auch hier. Viel Spass!

 

Poppa und Sidi

Ich bin der Graupapagei Poppa. Meine Pflegemutter heisst Sidi. Ich bin bildschön und habe einen hochroten Schwanz. Ich kam als Baby zu Sidi. Sie hat mich mit der Spritze gefüttert. Jetzt bin ich erwachsen. Man sagt ich bin ein munteres Papageienmädchen. Ich fliege in der ganzen Wohnung herum und bin nur nachts in meinem „Haus“, damit ich mich eingewöhnen kann.

Ich kann sehr gut sehen. Die Leckerbissen auf dem Tisch von Sidi entgehen mir nicht. Die Grundnahrung sind Sonnenblumenkerne, Hirse, Früchte und Gemüse. Ich kann auch sehr gut hören. Den etwa hundert Meter entfernten Pfau höre ich gut und auch durch geschlossene Fenster ahme ich sein Schreien nach. Wenn jemand an der Türe ist, rufe ich: “ Wer isch da?“ und“ Nur inne!“. Wenn Sidi im Badezimmer ist, setze ich mich auf die Türklinke und rufe: “ Sidi, wo bisch?“. Wenn Sidi nach Hause kommt, sitze ich in der Küche, aber ich höre sie und rufe: “ Sidi, bisch da, lueg a moll“. Das Telefon imitiere ich perfekt. Auch das Postauto und das Zeitzeichen im Radio Kann ich nach pfeifen. Neu habe ich den Berner Marsch pfeifen gelernt. Auch einen Satz aus der Liturgie pfeife ich.

Ich spiele mit allem, was rund ist, z.B. mit leeren Medikamentenröllchen. Ich liebe Sidi sehr, aber ich kann nicht verstehen, weshalb sie zetert, wenn ich auf einer Zimmertür sitze und dieselbe verhacke. Auch schimpft sie, wenn ich den Besuchern die Knöpfe an den Blusen abnehmen will oder ich ihr die Medikamente stehle und sie verschlucke. Sidi kauft mir italienische Peterli und stellt sie ins Wasser. Sie sollen meine Palme sein. Wenn ich dann baden will, reiße ich den Becher um und suhle mich auf dem Rücken liegend im nassen Peterli. Dann hänge ich mich an Sidis Kragen und schüttele das Wasser aus.

Wenn Sidi mich nicht mehr pflegen kann, weiß ich, dass ich ein schönes neues Zuhause finden werde, wo ich eine Familie gründen will. Ich hoffe, dass mir die Umstellung gelingen wird.

 

Geflügelter Smaragd – Smarty, die Blaustirn-Rotbug-Amazone

Lange Zeit musste ich wöchentlich eine Lokalität aufsuchen, die in der Nähe einer Zoohandlung lag. Ich sah dort viele Papageien kommen und gehen, aber auch Sunny, die immer, bei wechselnden Partnern zu zweit in einem kleinen, engen Abteil sitzen blieb. Ob ihre mangelnde Schönheit der Grund war, dass sie scheinbar niemand wollte, weiss ich nicht. Ihre Schaukelsymptome wurden zusehends häufiger – sie wiegte sich hin und her, her und hin – mit grossen aufgerissenen Augen ins Leere starrend, hin und her.

Sunny wirkte sanft und verträglich, vielleicht auch resigniert. Wie sonst hätte sie jahrelang das Anglotzen, Anpöbeln und Foppen der Passanten ertragen können?!

Bald holte ich Sunny da raus, als Partnerin für Smarty, wie ich hoffte. Aber; Smarty akzeptierte Sunny nicht, er jagte sie durch das ganze Haus. Sunny war nur noch verstört und verängstigt. Nach etlichen Versuchen sah ich ein, dass ich die beiden Vögel getrennt halten musste. Toll!! Da stand ich Blauauge nun mit zwei Vögeln, die sich nicht vertrugen. Nie und nimmer konnte ich den beiden Amazonen nur im Geringsten gerecht werden, ich konnte mich ja auch nicht zweiteilen. Sunny war seelisch und körperlich in keinem guten Zustand. Sie wirkte steif und ungeschickt, verwirrt und panisch. Das Gefieder war glanzlos und unvollständig und der Gang schleifend. Die einzige Papageienspezialistin zu dieser Zeit wohnte etliche Kilometer von uns entfernt. Ein Untersuch dort ergab deutliche Schäden an Beinen und Füssen durch Gewalteinwirkung, sowie alle Symptome eines allergieanfälligen Vogels. Sein Atem rasselte wie eine rostige Türe.

Da Sunny sich nicht berühren liess, wurden die Behandlungen für sie und mich zur Qual. Ich versuchte alles, was sie stresste, auf ein Minimum zu reduzieren, aber trotzdem mussten Inhalationen, Medikamentengaben und Überwachung sein. Aber Sunny lehrte mich wieder, an Wunder zu glauben und aus kleinen Chancenetwas Sinnvolles aufzubauen. Sunny überlebte. Aber Sunny war einsam. Bis ich Sancho zum ersten Mal sah – nein, nicht sah, sondern hörte! Aber das ist wiederum eine andere Geschichte…

Sunny (der gelbe Stirnfleck erinnert mich an die Sonne) ist nie wirklich zahm geworden, was ich auch nie von ihr erwartet habe. Jahrelang verkroch sie sich schon bei Blickkontakt. Es brauchte zehn Jahre (!) bis sie in meiner Gegenwart die Futteraufnahme nicht mehr unterbrach und über fünfzehn Jahre, bis sie mir einen Leckerbissen aus der Hand nahm. Sunny ist sanft geblieben, und manchmal wiegt sie sich und ihre Partner mit leisem Gesumme in den Schlaf.

Mit gleicher monotoner Stimme begrüsst sie den Regen oder besingt draussen den Wind. Dann denke ich, dass Sunny trotz allen Widrigkeiten das Träumen nie ganz vergessen hat. Dafür gebührt meiner bescheidenen, lieblichen Sunny mein grösster Respekt und meine unverhohlene Bewunderung.

 

Sunny, die Gelbstirn-Amazone

Lange Zeit musste ich wöchentlich eine Lokalität aufsuchen, die in der Nähe einer Zoohandlung lag. Ich sah dort viele Papageien kommen und gehen, aber auch Sunny, die immer, bei wechselnden Partnern zu zweit in einem kleinen, engen Abteil sitzen blieb. Ob ihre mangelnde Schönheit der Grund war, dass sie scheinbar niemand wollte, weiss ich nicht. Ihre Schaukelsymptome wurden zusehends häufiger – sie wiegte sich hin und her, her und hin – mit grossen aufgerissenen Augen ins Leere starrend, hin und her.

Sunny wirkte sanft und verträglich, vielleicht auch resigniert. Wie sonst hätte sie jahrelang das Anglotzen, Anpöbeln und Foppen der Passanten ertragen können?!

Bald holte ich Sunny da raus, als Partnerin für Smarty, wie ich hoffte. Aber; Smarty akzeptierte Sunny nicht, er jagte sie durch das ganze Haus. Sunny war nur noch verstört und verängstigt. Nach etlichen Versuchen sah ich ein, dass ich die beiden Vögel getrennt halten musste. Toll!! Da stand ich Blauauge nun mit zwei Vögeln, die sich nicht vertrugen. Nie und nimmer konnte ich den beiden Amazonen nur im Geringsten gerecht werden, ich konnte mich ja auch nicht zweiteilen. Sunny war seelisch und körperlich in keinem guten Zustand. Sie wirkte steif und ungeschickt, verwirrt und panisch. Das Gefieder war glanzlos und unvollständig und der Gang schleifend. Die einzige Papageienspezialistin zu dieser Zeit wohnte etliche Kilometer von uns entfernt. Ein Untersuch dort ergab deutliche Schäden an Beinen und Füssen durch Gewalteinwirkung, sowie alle Symptome eines allergieanfälligen Vogels. Sein Atem rasselte wie eine rostige Türe.

Da Sunny sich nicht berühren liess, wurden die Behandlungen für sie und mich zur Qual. Ich versuchte alles, was sie stresste, auf ein Minimum zu reduzieren, aber trotzdem mussten Inhalationen, Medikamentengaben und Überwachung sein. Aber Sunny lehrte mich wieder, an Wunder zu glauben und aus kleinen Chancenetwas Sinnvolles aufzubauen. Sunny überlebte. Aber Sunny war einsam. Bis ich Sancho zum ersten Mal sah – nein, nicht sah, sondern hörte! Aber das ist wiederum eine andere Geschichte…

Sunny (der gelbe Stirnfleck erinnert mich an die Sonne) ist nie wirklich zahm geworden, was ich auch nie von ihr erwartet habe. Jahrelang verkroch sie sich schon bei Blickkontakt. Es brauchte zehn Jahre (!) bis sie in meiner Gegenwart die Futteraufnahme nicht mehr unterbrach und über fünfzehn Jahre, bis sie mir einen Leckerbissen aus der Hand nahm. Sunny ist sanft geblieben, und manchmal wiegt sie sich und ihre Partner mit leisem Gesumme in den Schlaf.

Mit gleicher monotoner Stimme begrüsst sie den Regen oder besingt draussen den Wind. Dann denke ich, dass Sunny trotz allen Widrigkeiten das Träumen nie ganz vergessen hat. Dafür gebührt meiner bescheidenen, lieblichen Sunny mein grösster Respekt und meine unverhohlene Bewunderung.

 

Sancho, der Macho

Wie bereits erwähnt, Sancho hörte ich schon, bevor ich ihn sah, als ich das Geschäft betrat, uni Vogelfutter zu kaufen. Die gestaute Energie quoll förmlich zwischen den Stäben des viel zu kleinen Käfigs hindurch. Die orange-braunen Augen dieser Venezuela-Amazone guckten herausfordernd und sie stellte die goldenen Wangenfederchen auf, wenn sie gut aufgelegt war. Das war diese Amazone immer, wenn ich sie traf. Inzwischen etwas erfahrener, was Vogelhaltung betraf, brachte ich Sancho, so der Name dieses Papageis, bei meinen nächsten Einkäufen ein Ästchen oder ein paar Beeren als Abwechslung zum Benagen mit.

Doch dann war Sancho’s Platz plötzlich leer! Auf Grund seines vorwitzigen Wesens hatte man ihn in eine kinderreiche Familie verkauft. „Das war’s dann, Goldbäckchen, mach’s guet“! sandte ich der kleinen, frechen Amazone in Gedanken nach.

Ein paar Wochen später, der Futtervorrat ging zu Ende, tönte mir ein bekanntes Geschrei entgegen, bevor ich den Laden richtig betreten hatte. „Goldbäckchen“ sass wieder an seinem gewohnten Platz. Die Plazierung war gescheitert!

Die Amazone war sichtlich aufgeregt, als sie mich sah, sie erinnerte sich noch an mich, denn sie verlangte: „Tschoggola, he, he“, was der Aufforderung nach einem Leckerbissen gleichkam. Trotz dieser amüsanten Einlage konnte nicht mehr überhört werden, dass Sancho sich zu einem Schreier entwickelt hatte. Der Ladenbesitzer war wütend und verzweifelt. Er befürchtete, Sancho vermassle ihm das ganze Geschäft mit seiner Urwaldstimme. Erschreckte Kunden glaubten dann, alle Papageien seien so laut und sähen vermehrt von einem Vogelkauf ab. Am liebsten würde der Zoofachhändler der Nervensäge den Hals … ja eben! Oder der Vogel würde endlich ein Gspänli finden, dann lege sich das Schreien aus Einsamkeit und Langeweile von selbst. Dann fing sich ein Gedanke in meinem Hinterkopf zu formen. Sollte ich…?

Ich beschloss, es mit Sancho und Sunny zu versuchen. Und – sie fanden sich, Sunny und Sancho – wenn auch nicht immer reibungslos, aber sie mochten sich auf Anhieb. Sancho’s lustiges, neckisches Wesen wurde manchmal etwas zuviel für die eher ängstliche und humorlose Sunny und auch sein Machogehabe zwang Sunny oft zum Rückzug.

Sancho ist ein Quecksilber, eine Frohnatur, ein Gaukler, ein Entertainer. Er ist schlau, gewitzt, aber auch laut und rücksichtslos. Er ist der kleinste im Schwarm und ein Herzensbrecher und notabene … ein Schreier geblieben!

Sancho ist ein chronischer „Durchfaller“, weil er, was eine Nachuntersuchung seines Blutes ergab, eine Psittakose, eine auf den Menschen übertragbare Viruserkrankung, durchgemacht hat und vermutlich nicht optimal behandelt wurde.

Heute leben alle gefiederten Smaragde, Smarty, Sunny und Sancho, unter einem Dach, mal mehr mit, mal mehr nebeneinander. Aber dies ist wiederum eine andere Geschichte, die erst noch geschrieben werden muss.

Obwohl ich nicht zu den Menschen gehöre, die ein langes Tierleben einem glücklichen Tierleben gleichsetzen, hat es mich doch betroffen gemacht, als ich in einer deutschen Fachzeitung gelesen habe, dass das Durchschnittsalter eines in privater Gefangenschaft gehaltenen Grosspapageien nur sechs Jahre beträgt! Amazonen können aber gut und gerne 50-60 Jahre alt werden. Man kann sich also gut vorstellen, dass da vieles zum Schlechten steht!

 

Ein Sonnenstrahl namens Kyo

Es war ein bezauberndes Bild – auf einem Gestell stand ein Zimmerbrunnen, daraus plätscherte leise singend sanft Wasser, und auf den ersten Blick wie nicht echt – sass ein selten schönes Nymphensittich-Pärchen. Es machte keine Anstalten wegzufliegen, sie schnäbelten miteinander; putzten und plusterten sich. Die Ausstrahlung ihres Glücklichseins war umwerfend.

Ein paar Tage später, als unser Sohn David und ich die Zoohandlung erneut betraten, schlug uns sofort eine kalte Veränderung entgegen! Der Brunnen stand zwar noch dort, aber leblos ohne Wasser und fast ohne Gefieder. Bei längerem Verweilen sahen wir einen Verkäufer, der immer wieder einen der beiden Nymphensittiche auf den Brunnen setzte, der flog aber sogleich wieder zum WellensittichKäfig hinüber. Langsam dämmerte uns das Unfassbare. Es war immer wieder derselbe Vogel, der da zurückgesetzt wurde. Man hatte das Pärchen getrennt, einen Vogel allein verkauft!!! Die Hartnäckigkeit von dem Mann, den Vogel immer wieder zurückzusetzen, war bemerkenswert. Plötzlich sagte David langsam und traurig: „Mam, ich verzichte auf ein Töffli zu meinem 14. Geburtstag, ich würde lieber diesen einsamen Nymphensittich mit nach Hause nehmen.“ Ich sah den Ernst in den Augen meines jungen.

Kyo war der freundlichste, fröhlichste und bestgelaunteste Vogel, den wir je hatten. Durch ihn schien die Sonne auch an trüben Tagen aus seinen gescheiten Augen.

Es entstand eine fabelhafte Freundschaft zwischen David und Kyo, in die auch noch Davids Wellensittich Luzi einbezogen wurde, wenn auch Kyos Bezug eindeutig David galt. David musste immer höllisch aufpassen, dass seinem neugierigen, unternehmungslustigen Federfreund nichts passierte, denn Kyo versuchte David überall hin zu folgen, sogar unter die Dusche.

Zappelig erwartete Kyo Davids Heimkehr. Dieser rief schon beim Eingang: „Salü Kyo, wie goht’s?“, und Kyo nuschelte zurück: „Salü Kyo, wie goht’s?“ Morgens weckte er „seine“ Familie pünktlich mit dem Radetzki-Marsch.

Der ganze Vogel, ja, jede Feder bebete vor Freude, wenn er David rief und wieder sah, er spreizte seine herrlichen Flügel und nickte David mit seinem Köpfchen zu, auf dem das stets lebendig zittrige Häubchen sass.

Während David Hausaufgaben machte, spielten Kyo und Luzi mit all den Sachen, die so auf einem Schreibtisch herumliegen, was David oft zum Eingreifen bewog, wenn es für die Tiere gefährlich wurde. Dann konnte Kyo schimpfen wie ein Rohrspatz, stibitzte noch schnell einen Gegenstand und flog flink auf den Schrank oder das Büchergestell, nur um David zu ärgern. Dort oben liess Kyo dann das gestohlene Etwas wieder fallen, sobald David einen Hocker geholt hatte, um dem Frechdachs das Diebesgut wieder abzunehmen.

Ich weiss nicht mehr, wie oft David seine Arbeiten nachschreiben musste, weil Kyo sein „Siegel“ auf das Papier klatschte, noch, wie viele Bücher wir nachkauften, weil sich unser Nympheli weiterbilden wollte. Aus Kyos gescheiten Augen blitzte der Schalk, und wenn er im Begriff war, etwas anzustellen, kniff er diese Leuchtkügelchen etwas zusammen, damit man darin nicht mehr „lesen“ konnte. Drei Jahre später kam David ums Leben. Lange, lange Zeit rief Kyo noch immer seine Begrüssung, wenn er annahm, es könnte David sein, der das Haus betrat. Später wurde er immer stiller, schliesslich verstummte sein vergnügtes Gequassel. Auch der Radetzki-Marsch verkümmerte nach den ersten paar Takten. Wir hörten keines der Lieder mehr, die er mit David gesungen oder gepfiffen hatte. Luzi war kein Trost für Kyo. Alle anderen sechs Nymphensittiche, die wir ihm nach und nach zugesellten, lehnte er ab. Selbst Miko, eine zierliche, feenhafte Henne konnte sein Herz nicht erobern. Unermüdlich flog sie ihm nach, schob sich sachte millimeterweise näher heran, senkte das Köpfchen, um von Kyo liebkost zu werden, gluckste und flüsterte ihm ihre Zuneigung zu. Kyo vertrieb sie so, wie sie ihn suchte. Nach ein paar Jahren starb Miko ganz plötzlich, wie sie immer gelebt hatte, so nah wie möglich bei ihrer unerfüllten Liebe.

Kyo hatte die Zahmheit mir gegenüber nie abgelegt. Er freute sich immer, wenn ich das Vogelzimmer betrat, flog mir auf die Schulter und erzählte mir manchmal leise etwas Vertrauliches. Kurz flackerten da manchmal noch die Sternchen in seinen Augen auf, in Erinnerung an eine andere Zeit. 17-jährig, wurde Kyo immer schwächer. Eines Tages fiel er, in die Mulden meiner Hände gekuschelt, in ein Koma, nicht ohne mich vorher nochmals anzusehen, bevor sein Köpfchen nach unten fiel und die silberne Haut seiner Lider sein Leuchten verschloss.

Ich hoffte von ganzem Herzen, dass Kyo bald einschlafen konnte. Ich behielt in die ganze Nacht in meinen Händen. Er erwachte nicht mehr, sein Gefieder begann sich zu verkleben, aber sein Herz hörte nicht auf zu schlagen. Nach vierundzwanzig Stunden Ohnmacht, machte die Spritze des Tierarztes diesem einmaligen Lebensgefährten den Abschied endgültig. Seitdem fehlt der ganz grossen Sonne ein winziger Strahl, wenn sie auf unsere Erde scheint. Aber das bemerkt keiner, der nicht von Kyo weiss.

 

Sunny’s letzter Sommer

In Gedenken an Sunny, Jolanda Neiger-Bay

Gestern Nacht starb Sunny, meine tapfere, sanfte, vom Glück ihr Leben lang unbegünstigte Gelbstirnamazone.

Ihre erloschene Einzigartigkeit hinterlässt tiefe, schmerzliche Spuren in meiner Seele.

Sancho, ihr Partner und Smarty, ihr Verehrer suchen Sunny überall. Sancho will kein Futter zu sich nehmen, er will nur fliegen, davon fliegen, zu Sunny.

Smarty ruft, .. horcht, ..ruft wieder, .. hebt zitternd seine Flügel …

Es ist entsetzlich traurig …

Sunny

Das Amulett der Sonne
ziert deine Stirn.
Im schlichten Grün dein Federkleid,
wo bist du hin?

Hast’ uns verlassen …
Es tut weh!
Gibst’ du Gewissheit mir,
dass ich dich wiederseh’?

Nun bist du frei!!!
Kannst endlich fliegen
vibrierst
in sanftem, leichten Wiegen …

In grenzenlosem Flug
fühlst du den Wind
durch deine Federn streifen …
kannst immer noch nicht ganz
begreifen …

Und doch,
du fliegst,
den Wolken immer näher,
kein Käfig hält dich mehr
zurück!
Welche Verzückung,
welch ein Glück!

Wenn Regen auf die Dächer
tropfte,
hast in sein Lied du eingestimmt.
Mit leichtem Schaukeln
sehr genossen,
die Töne,
die vom Himmel flossen.

Besuche uns in unser’n Träumen!
Die Tür wird immer offen sein.
Doch eines musst du einfach
wissen,
am Meisten werden wir
vermissen,
das Lied,
das Sunny mit dem
Regen sang …